Mein Apple Lisa Projekt (Teil 1)

Dass ich einen leichten Schaden habe, weiß ich selber. Aber was mich dazu geritten hat, mir eine Apple Lisa in desolatem Zustand zu kaufen, weiß ich bis heute nicht.

So begab es sich, dass ich auf Kleinanzeigen eine Lisa 2/10 entdeckte und nach kurzem Plausch mit dem Verkäufer fuhren ein Kumpel und ich mal eben nach Reutlingen, um Lisa in der Familie retroapfel willkommen zu heißen.

Die Lisa stammte laut Aussage des Vorbesitzers, der selber in den 80ern und 90ern früher Apple-Reseller war, von einem Künstler (Modeschöpfer, wenn ich mich recht entsinne) und wurde ihm dann geschenkt. Danach stand sie einige Jahre im Dornröschenschlaf im Keller. Leider wurde der Keller dann bei Starkregen geflutet – und damit auch die Lisa und ein paar andere Macs. Aber das ist noch nicht alles: der Vorbesitzer ließ die Lisa komplett lackieren – und zwar in den Farben schwarz und rot.

Kurzinformation

  • Apple Lisa 2/10 | Macintosh XL
  • Jahr: 1984
  • CPU: Motorola 68000 @ 5 MHz
  • RAM: 1 MB
  • Festplatte: original 10 MB Widget, aktuell: 5 MB ProFile, IDEfile
  • Monitor: 12″ CRT @ 720x364px
  • OS: Lisa OS D/2.0, MacWorks XL
Eine Apple Lisa 2 von 1984 in schwarz-rot lackiert

Zerlegen

Als ich die Lisa dann auf meinen Schreibtisch hatte, begann ich mit dem Zerlegen. Schon als ich das obere Gehäuseteil abnahm sah ich das ganze Übel. Jedes Teil war mit einer mehr oder weniger dicken Schicht aus getrocknetem Schlamm und Sand überzogen. Nach einiger Arbeit war die Lisa dann auch in ihre kompletten Einzelteile zerlegt und ich konnte mir ein Bild machen. Einige Stellen waren rostig, vor allem die Schrauben und das Backplane-Gehäuse, auf dem sich das Motherboard befindet. Die Boards, die senkrecht im Motherboard stecken, waren glücklicherweise recht sauber und nur wenig von Dreck und Rost befallen.

Hierbei fiel mir dann auch auf, dass es sich um einen Macintosh XL von Sun Remarketing handelt – einem amerikanischen Reseller, der in den 80er Jahren mit Apple kooperierte, überzählige Lisas mit einem Macintosh Emulator, 800k-Diskettenlaufwerken und größeren Festplatten aufrüstete und diese bis Ende der 80er Jahre weiter verkaufte. 1988 beendete Apple die Kooperation und warf die restlichen Lisas auf eine Müllhalde in Utah. Hier zu kann ich euch die Doku „Before Macintosh: The Apple Lisa“ von David Greelish empfehlen, die vor wenigen Wochen endlich erschienen ist.

Die Boards reinigte ich im Nachgang mit Pinsel, Seifenwasser und Isopropanol. Glücklicherweise befand sich kaum Rost oder Korrosion an den Beinchen der ICs und EPROMs.

Die interne Festplatte – das Widget Drive – eine Eigenentwicklung von Apple und nicht gerade für seine Zuverlässigkeit bekannt, war leider ebenso vollgelaufen und innen komplett verrostet, weswegen ich mir hier eine Alternative suchen musste. Auch das 800k Diskettenlaufwerk war komplett verrostet und damit futsch, aber glücklicherweise hatte ich davon ein paar rumfliegen.

Nachdem auch das Netzteil komplett neue Kondensatoren bekommen hatte – und ich das erste Mal erfolgreich einen Kondensator falsch rum eingebaut habe und sich dieser nach fünf Startversuchen laut knallend, rauchend und stinkend verabschiedet hatte – war es Zeit für einen ersten Quick – and – dirty – Testaufbau:

Den Dreck ignorieren – dieser fiel immer noch aus den noch nicht gereinigten Gehäuseteilen. 😀

Ein erster Test

Als ich dann auf den Einschaltknopf drückte und etwas auf den Monitor sah, war ich wirklich sehr schockiert und mega glücklich:

DAS BIEST LEBT!!!
Leider unterstützt der Monitor die Frequenzen der Lisa nicht ganz, sodass ich ein horizontal scrollendes Bild hatte, aber es war ein Anfang.

Als nächstes ging es dann dem Gehäuse an den Kragen. Nach dem ich Isopropanol, WD-40, acetonfreien Nagellackentferner ausprobiert hatte und damit wenig durchschlagende Erfolge hatte, stand fest: gegen den Lack hilft nichts, wirklich, absolut gar nichts. Also fing ich an zu googeln und fand alles mögliche an Tipps – von Sandstrahlen über Magic Eraser bis hin zu: den Lack wirst du nie wieder los ohne den Kunststoff zu zerstören, also lass es bleiben.

Im Modellbauforum bin ich dann auf Methoxypropanol gestoßen, einem Lösungsmittel, welches in der Malerei für Farbpigmente genutzt wird und das wohl ziemlich sanft zu Kunststoffen sein soll, auch zum doch recht empfindlichen ABS-Kunststoff. Im Modellbau wird dies häufig genutzt, um alte Lack- und Farbschichten von Modellautos und Spielfiguren abzubekommen. Zum Glück gibt es hier in München einen Laden für Künstlerbedarf, wo ich dann glücklich und zehn Euro ärmer eine Flasche des Wunderzeugs bekam. Wenig optimistisch begann ich also, den Deckel der Lisa einzupinseln, und siehe da:

Es wirkt wahre Wunder! Zwei Flaschen des Zaubermittels später war das Gehäuse der Lisa auch wieder fast im Originalzustand. Es befinden sich zwar hier und da immer noch Lackreste an Stellen, an denen ich nicht ganz sauber gearbeitet habe, aber der Großteil ist weg – den Rest muss ich dann im Frühjahr machen.

Da es sich wie schon erwähnt um einen Macintosh XL handelt, gibt es da noch ein klitzekleines Problem: die ROMs. Der Macintosh XL besitzt zwei ROMs, die sich von der Lisa unterscheiden: zum einen das Video State PROM, der neben Teilen der Video-Logik auch die Seriennummer jeder Lisa enthält und die CPU-ROM. Auf sunder.net gibt es dazu ein paar weitere Infos.

Meine Lisa enthielt zu Beginn die ROM-Version 3A/88 (CPU / IO-Board) sowie das Macintosh XL Screen Modification Kit, welches genutzt wurde, im die rechteckigen Pixel der Lisa (Auflösung: 720×364) in die quadratischen Pixel des Macintoshs (512×364) umzuwandeln. Das Problem daran ist, dass die Lisa System Software weder mit der Version 3A noch mit dem neuen Video State PROM lauffähig ist.

Dementsprechend lief der erste Test mit der Lisa auch nicht mit LisaOS, sondern mit MacWorks XL, dem Macintosh-Emulator für die Lisa und eher quick and dirty mit etwas verdrehter Ablenkeinheit:

Nach einiger Recherche und der Feststellung, dass die bipolaren PROMs schwer zu besorgen und noch schwerer zu brennen sind, orderte ich ein neues PROM bei VintageMicros – dem letzten Lisa-Händler – auf eBay und brannte mir selber die H-Version des Lisa-ROMs auf zwei EEPROMs.

Da sich das Betriebssystem der Lisa nur von Festplatte aus starten lässt, musste ich mich noch um einen Ersatz für die defekte Widget-Festplatte kümmern. Da ich vor einiger Zeit ebenfalls eine Apple ProFile Festplatte – Apples erste Festplatte von 1981 mit sagenhaften 5 MB Speicher – gekauft habe, war es natürlich sinnvoll, diese zu nutzen. Dazu dann aber mehr im nächsten Teil.

auseinander bauen
Boards reinigen
Backplane reinigen, Rost entfernen
Kondensatoren am Netzteil und Video-Board reinigen
Gehäuseteile reinigen, Lack entfernen
Potentiometer am Video-Board austauschen
Gehäuse noch mal zerlegen, Schrauben entrosten/ersetzen
Parallele Karte nachbauen
Boards im Ultraschallreiniger reinigen
den Apfel wieder anbringen 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert